Baumwolle ist sicher eines der wichtigsten Textilmaterialien. Sie ist mit etwa 50 Prozent die am häufigsten verarbeitete Naturfaser in der Textilindustrie und in der Produktion sind mehr als 250 Millionen Menschen beschäftigt.
Baumwolle ist relativ preisgünstig zu bekommen, leicht großflächig industriell anzubauen, vielseitig einsetzbar und hat jede Menge positive Eigenschaften. Aber was ist Baumwolle eigentlich und woher stammt sie?
Baumwolle – eine uralte und sehr interessante Pflanze
Die Baumwoll-Pflanze gehört zu den Malvengewächsen. Je nach Zählweise gibt es um die 50 verschiedene Wildarten, die fast überall in den Tropen und Subtropen heimisch sind. Der Name Baumwolle kommt von den büschelartigen langen Samenhaaren in den Früchten der Pflanze. Sie dienen dazu, die Samen über größere Entfernungen verbreiten zu können, weil die watteartigen Kugeln vom Wind sehr weit fortgetragen und so verbreitet werden.
Allerdings ist die Baumwollpflanze, kein richtiger Baum, sondern in der Wildform eher ein bis zu 6 Meter hoher Strauch. Für den landwirtschaftlichen Anbau werden wesentlich kleinere Pflanzen mit einer Wuchshöhe von 25 cm bis maximal 200 cm kultiviert.
Die meisten Baumwollarten sind einjährig. Es gibt aber auch einige mehrjährige Baumwollpflanzen. Die einjährigen Baumwollpflanzen sind krautige Gewächse mit großen fünflappigen Blättern und weißen, gelben oder roten Blüten. Aus ihnen bilden sich die walnussgroßen kugelförmigen Kapselfrüchte mit mehreren Kammern. Wenn diese reif sind, platzen sie auf und die langen weißen wolligen Samenhaare (Trichome) werden sichtbar. Sowohl die Pflanze heißt Baumwolle, oder englisch Cotton, aber auch die aus ihr gesponnen Fäden und die Gewebe werden als Baumwolle bezeichnet.
Die Geschichte der Verwendung von Baumwolle
Seit Jahrtausenden wird die Baumwollfaser zur Herstellung von Kleidung verwendet, aber es ist nicht sehr viel darüber bekannt, wann und wo das erstmals der Fall war. Es scheint mehrere Regionen der Welt gegeben zu haben, in denen fast gleichzeitig und unabhängig voneinander, aus der Wildform Baumwollpflanzen gezielt domestiziert wurden.
Die sogenannte Neuwelt-Baumwolle mit den Arten Gossypium hirsutum und Gossypium barbadense stammen wahrscheinlich aus dem südlichen Afrika, aus Indien, aus den nördlichen Anden und aus Zentralamerika.
Die ältesten Belege für Baumwollfasern für Textilien stammen aus Indien und sind um die 6.000 Jahre alt. Sie wurden bei der Ausgrabung einer neolithischen Siedlung im Indus-Tal bei Mergarh im heutigen Pakistan gefunden. Um die 5.000 Jahre alt sind Funde von Fischernetzen und Beuteln aus Baumwollfasern, die im heutigen Peru und in Ecuador bei Ausgrabungen ans Licht kamen. Auch in Arizona und in Mexiko kannten die Ureinwohner sehr wahrscheinlich schon vor 5.000 Jahren Baumwollfasern und die vor 3.000 Jahren in der Region lebenden Navajo-Indianer trugen neben Leder- auch Baumwollkleidung. Die Führer der Maya und Azteken waren nicht nur in teilweise sehr kostbare Gewänder aus Baumwolle gekleidet, sondern tauschten auch schon Baumwollstoffe gegen andere Luxusgüter ein.
In die Alte Welt kam die Baumwolle wahrscheinlich mit Alexander dem Großen. Er dürfte sie im 3. Jahrhundert vor Christus aus Indien mitgebracht haben. Die alten Griechen und Römer schätzten die Baumwolle sehr wegen ihrer blendend weißen Farbe und ihrer Feinheit und trugen Togen und Tuniken aus diesem Material.
Baumwolle war damals ein sehr begehrtes und teures Luxusgut. Später wurde die domestizierten Baumwollarten Gossypium arboreum und Gossypium herbaceum in Arabien (Arabische Halbinsel) und Ägypten angebaut und die Mauren brachten die Pflanzen auch ins südlichen Spanien, wo später ebenfalls Baumwolle angebaut wurde.
Die Inder waren wahrscheinlich die ersten, die statt der wildwachsenden Arten Baumwollpflanzen in großem Stil in Kultur anbauten. Im 16. Jahrhundert gab es schon riesige Baumwollplantagen besonders im Punjab, in Bengalen und in Gujarat.
Gerade aus Gujarat am Arabischen Meer wurden Baumwollstoffe auf verschiedenen Handelswegen in den Nahen Osten gebracht und dort zu Alltagsbekleidung verarbeitet. Auch die spanischen Eroberer brachten aus den südamerikanischen Ländern Baumwollstoffe auf ihren Schiffen mit in die Heimat. Trotzdem waren diese Stoffe immer noch rar und kostbar. Sie wurden höher als Seidenstoffe geschätzt.
Erst mit der Zunahme des Ostindienhandels portugiesischer und holländischer Kaufleute und noch mehr durch den Aufstieg der britischen Ostindien-Kompanie wurden Baumwollgewebe in größeren Mengen nach Europa gebracht und erschwinglicher.
Den ganz großen Aufstieg nahm Baumwolle aber erst zum Ende des 18. Jahrhunderts, als es durch die Erfindung der Spinnmaschinen möglich wurde, Rohbaumwolle zu importieren und die Fäden selbst zu spinnen, die sie für ihre Webereien benötigten.
Die erste Spinnmaschine, die „Spinning Jenny“ erfand der Engländer James Hargreaves im Jahr 1765 und im Verlauf der folgenden Industriellen Revolution begannen auch Frankreich und Deutschland in größerem Stil Baumwolle zu Textilien zu verarbeiten.
In den Ländern, in denen Baumwolle angebaut wurde, erhöhte sich in gleichem Maße die Produktion und nach und nach wurde Baumwolle auch eine ökonomisch interessante Alternative zur Wolle. Sie verdrängte immer mehr den Flachs und den Hanf. Erst im 20. Jahrhundert bekam die Baumwolle wieder eine neue Konkurrenz mit der Erfindung der Chemiefasern, insbesondere der Polyesterfasern. Trotzdem hat Baumwolle als reines Naturprodukt sehr viele Vorzüge und ist ein sehr wichtiger textiler Rohstoff.